Arg verbeult und doch fast ein Denkmal

Hinter diesem arg mitgenommene Modell einer Be 6/8 der Lötschbergbahn (später zur Ae 6/8 umgebaut) steckt eine aussergewöhnliche Geschichte. Im Jahre 1926 lieferten die italienische Firma Ernesto Breda, Milano (mechanischer Teil) und die Sécheron aus Genève (elektrische Ausrüstung) die erste dieser eindrücklichen Maschinen ab. Mit einer Stundenleistung von 4‘410 kW waren sie die leistungsfähigsten elektrischen Lokomotiven ihrer Zeit und der grosse Stolz der Lötschbergbahn.

Modellbahn von nationalem Interesse

Doch zurück zu unserem Modell: Diese Lokomotive war an der Schweizerischen Landesausstellung 1939 in Zürich auf einer riesigen Anlage in Betrieb. Die 9 x 56 Meter (!) grosse Modellbahn zeigte die Linientwicklung auf der Nordseite des Lötschbergs bei Blausee mit ihren Schleifen und Kehrtunnels und befand sich auf der linken Seeseite im Belvoirpark. Nebst den Paradepferden Be 6/8 für den schweren Dienst verkehrten dort auch die allerneuesten Fahrzeuge, der zweiteilige Leichttriebwagen blauer Pfeil. Ein Expemplar dieses modernsten Fahrzeuges (SIG/Sécheron) liess sich in Natura als Glanzleistung der Schweizer Industrie in der Abteilung Schienenverkehr der Landi bewundern.


Ende und Wiederaufbau in Zollikerberg

Was nun mit dieser Modellbahn? Die BLS beabsichtige die Anlage zur Verkehrswerbung in England aufzustellen, doch der Kriegausbruch vereitelte dies. So war guter Rat teuer und die  Eigentümerin versuchte die Anlage zu verkaufen. Es fehlte an finanzkräftigen Interessenten und andere Sorgen überschatteten den Alltag. So kam man mit dem Erbauer überein, dass er die Modellbahn kostenlos übernehmenkonnte, Anlage abbrechen und an seinem Wohnort Zollikerberg wieder aufbauen und 10 Jahre lang betreiben müsse. So kam es dann auch und der Zollikerberg mutierte zum Ausflugsort für Familien und Modellbahninteressierte. Aus der Stadt reiste man damals mit der Tramlinie 11 bis Rehalp an und wanderte bis zum Zollikerberg, um sich das Forchbahnbillet zu sparen. Ja, in der Nachkriegszeit standen dort sogar Autos mit ausländischen Kontrollschildern. Die imposante, auf einem Holzegerippe aufgebaute Bergkulisse (es war ja alles outdoor) litt unter der Witterung, so dass der Fahrbetrieb um 1950 endigte, später erfolgte der Abbruch der Modellanlage.

 

Einige Fahrzeuge überlebten beim Sohn des Erbauers des Rollmaterials, Werner Seiler. Er stellte der Eisenbahn-Sammlung die Breda-Lok und das Modell eines Speisewagens als Leihgabe zur Verfügung . Die Stiftung bedankt sich für dieses Vertrauen.

Man schätzt, dass die jede Lok während der Landesausstellung ungefährt 10‘000 km auf ihren Spur 0 Gleisen zurücklegte!

Wahrlich – ein Modell mit Geschichte(n).

Wie kam es zu dieser Modellbahn?

1937 fasste die Lötschbergbahn (BLS) den Entscheid ihre eindrückliche Nordrampe einem grösseren Publikum aus Modellanlage zu präsentieren. Wenn wir uns in jene Zeit zurückversetzen, so war Reisen ein Luxus, Ferien selten und das Portemonnaie des Durchschnittsschweizers dünn. Die BLS lud verschiedene Anbieter zur Angebotsabgabe ein und vergab den Auftrag an Heinrich Seiler (Zollikerberg). Er gab seine Anstellung als Tramführer der Städtischen Strassenbahn Zürich auf und widmete sich voll dem Anlagenbau. So gestaltete er die Landschaft und die Szenerie mit den Brücken, Tunnels und Häusern. Sein damals 21-jähriger Sohn Ernst, ein gelernter Feinmechaniker, entwickelte die Anlage mit Schienen, Weichen, Fahrleitung und dem Rollmaterial. Zur Eröffnung der Landesausstellung am 6. Mai 1939 musste das Ganze fertiggestellt sein. Während der ganzen Zeit der Ausstellung fuhren Lokomotiven und Triebwagen permanent auf der imposanten Anlage, bis die Kriegsmobilmchung von 2. September 1939 das abrupte Ende Landi 1939 bedeutetet. Die Ausstellung unter dem Motto «Eines Volkes Sein und Schaffen» zog über 10 Millionen Besucherinnen und Besucher an (Bevölkerung ca. 4,2 Mio.)!  Die Landi blieb vielen unvergesslich und sie stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl der Schweizer entscheidend.