In Zeiten perfekter Eisenbahnmodelle, computerisierter Steuerungen und digitalem Fahrbetrieb.

Was ist dran, an der «anderen» Modellbahn in Uster?

Die Mischung macht‘s
Die Stiftung Eisenbahn-Sammlung Uster ist eine Synthese zwischen historischem Gebäudeensemble, Museum und betriebsfähigen Modellbahnanlagen. Schwerpunkt ist die Modellwelt in den Spuren 0 und 0m sowie I und IIm. Als Ergänzung zu den Anlagen zeigt die Ausstellung Modelle, viele sind Eigenbau- und Kleinserienmodelle, sowie zahlreiche original Eisenbahn-Gegenstände. Ausgestellt werden die Exponate im stilvollen Rahmen der Remisenanlage der ehemaligen «Glattthalbahn», welche 1856/57 entstand.


Mit Spur 0 begann es
Kernstück der Vorführanlage ist eine auf 1988 zurückgehende transportable Anlage, welche der Initiant der Stiftung, Peter Schwarzenbach erbaute. Im Jahr 2008 gelangte die Anlage ins Dachgeschoss der Lokremise 1 in Uster, mit Adaption an die dortigen räumlichen Gegebenheiten. Auf der Anlage verkehren ausschliesslich elektrische Fahrzeuge, die Stromzuführung erfolgt – wie beim Vorbild – ausschliesslich über die Oberleitung mit Fahrstrom (digital, DCC). Eine Schiene dient zur Rückleitung des Fahrstromes. Die andere Schiene erlaubt über Gleisstromkreise die Belegung von Gleisabschnitten zu erkennen, denn sämtliche Fahrzeuge besitzen leitende Achsen. Dadurch lassen sich Blockbelegungen und auch allfällige «Zugstrennungen» sicher erkennen.


Eisenbahnsicherungstechnik zum Erleben
Die Sicherungssysteme der Bahnhöfe Raad SBB und Hischwil sind in konventioneller Relaistechnik ausgeführt, deren Bedienung erfolgt über einen Domino 57-Stelltisch, ein Standardprodukt der ehemaligen Integra-Signum aus Wallisellen. Am Stelltisch lassen sich die typischen Abläufe der Sicherungstechnik demonstrieren: Wahl einer Fahrstrasse durch Drücken der Start- und Zieltaste, Einlaufen der Weichen, Festlegung der Fahrstrasse (weisse Ausleuchtung) und Freigabe der Fahrt durch die Signale. Selbstverständlich wechselt bei einer Zugfahrt die Ausleuchtung der Fahrstrasse bzw. der einzelnen Abschnitte auf Rot.


Umgebung – à la carte
Die Umgebungsgestaltung der Anlage berücksichtigt die Eigenheiten des Ortes mit den teils abgeschrägten Wänden, indem die Perspektive des Betrachters, also von oben, aufgenommen wird. Reliefartige Gebäudekulissen und Hintergründe sorgen für die dreidimensionale Wirkung. Die meisten Gebäude sind Selbstbauten im schweizerischen Stil und stammen aus verschiedenen Quellen. Die beiden Stationsgebäude im Spur 0 Bereich ebenfalls. Aus Karton erbaut mit einer bemalten «Fassade», was beweist, dass ein stimmiger Eindruck nicht alleine von Uhrmacherpräzision abhängen muss. Mit zur Anlage gehört der 4-gleisige Schattenbahnhof Oberschatt.
Trotz alledem ist nicht alles pure Nostalgie. In den Fahrzeugen sind moderne Digitaldecoder, teilweise mit Sound verbaut. Glühbirnen in Lichtsignalen und Lokomotiven ersetzen wir fortlaufend durch langlebige LEDs, um die Robustheit des Vorführbetriebs zu steigern.


Schmalspur gehört dazu
Der 0m Bereich hat seinen Ausgangspunkt in Raad RhB. Doch die 0m teilt sich in zwei Welten: Der grössere Teil verkehrt wie die Spur 0 im reinen Oberleitungsbetrieb (DCC). Das gesamte Rollmaterial und die Fahrleitungsanlage sind Eigenbauten des ehemaligen SBB-Zugführers Robert Haupt, welcher diese Modelle im Zeitraum von 1946 bis 2009 erbaute. Er fertigte auch die Gleise und Weichen, die Tunnelportale und die Brücken selbst. Lange vor der Zeit, als Schmalspurmodelle gross verbreitet waren, geschweige denn kommerziell erhältlich waren. Durch Schenkung kam dieses einmalige Ensemble – quasi ein Gesamtkunstwerk – in den Besitz der Stiftung. Der kleinere Bereich, also die andere Welt der 0m Anlage ist mit dem üblichen Zweileiter-Gleichstromsystem ausgestattet. Auf diesen Gleisen verkehren in der Regel Kleinserienmodelle. Die Sicherungstechnik wird mit einer alten Siemens SPS  realisiert. Dieser Teil der Arbeiten, besonders die Adaption an die Erfordernisse der Modellbahn, nähert sich dem Ende zu. Der Bahnhof Viva ist Systemwechselbahnhof, dort stossen die beiden Systeme, genau wie in Pontresina aufeinander.


Die Modelle
Ein beachtlicher Teil der Triebfahrzeuge, ob im Anlagenbetrieb oder in der Ausstellung sind nicht industriellen Ursprungs, sondern Selbstbauten verschiedener Eisenbahnfreunde mit einem Hang zur Perfektion. In der «vor 3D-Drucker Zeit» meist aus gefrästem Messing, veredelt mit gegossenen Kleinteilen, den selbst entwickelten Antrieben und mit viel Fachkenntnis und Geschick hergestellt. Die Modelle reichen in der Zeit bis 1940 zurück. So fand in der Baugrösse 0 ein grosser Teil des reichhaltigen Schaffens von Hans Ruedi Schweizer den Weg in die Stiftung und bleibt so dauerhaft der Nachwelt erhalten.
Einige Modelle hingegen waren Konstruktionen, welche mit einfachsten Mitteln und zum Teil ohne Maschinen – quasi am Küchentisch – entstanden. Also kein durchgehendes Nietenzählerkonzept, so imitiert in einem Fall ein Druckknopf (Mercerie) das Handrad des Steuerkontrollers.



«Iisebähnle» ist gar nicht out
Ganz bewusst richten sich die Aktivitäten der Eisenbahn-Sammlung nicht nur an ein Fachpublikum, sondern an jedermann. Personen, welche (wieder) eine Welt entdecken können, die an ihre Kindheit erinnert oder für sie gänzlich neu ist. Besonders Führungen für Gruppen, ausserhalb der regulären Öffnungszeiten sind ein wichtiges Standbein der Stiftung.

Nicht zu vergessen die Supporterinnen und Supporter, welche mit einem Jahresbeitrag ihre Sympathie bezeugen und so einen Teil der Finanzierung sichern.